17. November 2021
Gute Mobilisierung des Anti-Nazi-Bündnisses, aber scharfe Kritik an Behörden
„Grotesk-gruselig wie eine Halloween-Gruppe, aber leider weder lustig noch harmlos“, erklärt der Kreisvorstand der VVN-BdA Hof-Wunsiedel zum „Nazi-Mummenschanz“ am Kriegerdenkmal in Wunsiedel am vergangenen Samstag. „Man kann dies für ein lächerliches Spektakel von Verblendeten halten, die ihren Lebenssinn in einer Verklärung des Faschismus sehen und seine Rituale nachspielen,“ so die Kreisvorsitzende Eva Petermann in der VVN-BdA-Pressemitteilung. Hinzunehmen sei es keineswegs.
Durch Versammlungsrecht gedeckt?
Musste der CSU-Landrat ein solches „Heldengedenken“ zuzulassen? Konnte die diesmal „nahezu allgegenwärtige Polizei nicht doch Auflagen durchsetzen und klar verfassungswidrige Handlungen unterbinden?“
„Die Behörden haben hier versagt. Der Landrat wie auch der Bürgermeister, beide CSU, müssen sich überdies den Vorwurf gefallen lassen, das Bündnis „Wunsiedel ist bunt“ an der Nase herumgeführt zu haben. Welche Botschaft sendet dies wohl an die engagierten Nazigegner und -gegnerinnen, vor allem an die jungen Menschen unter ihnen?“
Mittlerweile stellt sich mehr und mehr heraus, dass die ebenfalls angemeldete Demonstration von mehreren hundert vorwiegend junger Antifas am Bahnhof von der Polizei festgehalten und nicht gerade zimperlich behandelt wurde. Demgegenüber konnte die braune Helden-Show am Denkmal weitgehend ungestört inszeniert werden.
Demgegenüber betont die VVN-BdA: „„Heil“-Rufe und Verherrlichung von faschistischen Generälen als „Helden“ waren und sind durch die Meinungsfreiheit selbstverständlich nicht gedeckt. Zu Recht wurden doch vor Jahren die Aufmärsche für den Kriegsverbrecher und Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in Wunsiedel blockiert und schließlich verboten.
VVN-BdA will Konsequenzen und hat einen Vorschlag zur Erinnerungskultur
„Gut gemeinte Appelle allein, sich für Toleranz, Antirassismus und demokratische Recht zu engagieren, sind nie verkehrt, greifen aber in diesem Fall entschieden zu kurz. „In den durchaus guten und kämpferischen Beiträgen auf den Gegenveranstaltungen eines breiten Bündnisses einschließlich der Gewerkschaften „spielte die Frage von Militarismus und Kriegsverharmlosung und -verherrlichung und damit Verklärung der Weltherrschaftspläne der NS-Diktatur bestenfalls indirekt eine Rolle.“
Um welche „Heldentaten“ gehe es denn? „Um den Völkermord an für rassisch minderwertig erklärten slawischen Menschen im Osten!“ Und die VVN-BdA-Vorsitzende fragt: „Ist der sog. „III.Weg“ allen Ernstes stolz auf diesen Vernichtungsfeldzug gegen die von Hitler so genannte `jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung`?“ Ein derartig geschichtsvergessenes Auftreten müsse doch in aller Schärfe angeprangert werden.
Dass indes zuvor hunderte Demokratinnen und Demokraten, unter ihnen auch nicht wenige VVN-BdA-Mitglieder, trotz Pandemie-Einschränkungen am Samstag auf den Beinen waren und sich schon Wochen davor in vielfältiger Weise eingesetzt haben – das bleibt dennoch ein großer Erfolg. Allerdings werden jetzt alle Beteiligten über Konsequenzen für die Zukunft nachdenken, „alle, die es ernst meinen mit dem Antifaschismus.“
Hier stelle sich, so die VVN-BdA, nicht zuletzt eine Frage zur Erinnerungskultur: „So beeindruckend der innerstädtische, bunte Mosaik-Obelisk für Toleranz und friedliches Zusammenleben an der Ecke Ludwigstraße sein mag, verlockt nicht das steinerne Kriegerdenkmal am Katharinenberg mit seinem riesigen Eisernen Kreuz geradezu als – neuer – Wallfahrtsort für Nazis?“
Warum sollte das bunt-kreative Wunsiedel nicht auch hier einmal aktiv werden? „Stellen wir uns einmal vor, obendrauf auf dem Steinblock säße eine weithin sichtbare blau-weiße Friedenstaube. So ginge von diesem luftigen Ort an der Peripherie eine deutliche Botschaft des „Kein Platz für Nazis“ aus, als Mahnmal für den Frieden.“
Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!