Von Hof nach Nordhausen und Roßla (Südharz)

30. September 2020

Am Mahnmal vor dem Krematorium des KZ Mittelbau-Dora.

Von Hof nach Nordhausen und Roßla – Studienfahrt der VVN-BdA

zur Gedenkstätte Mittelbau-Dora

Die Thüringer Gedenkstätte in idyllischer Landschaft am Rande des Südharz war den meisten Studienfahrt-Teilnehmer*innen genauso wenig bekannt wie die Tatsache, dass es hier eine Verbindung zum Hofer Widerstand gab.

In dem riesigen KZ „Mittelbau-Dora“ bei Nordhausen, ursprünglich eine Außenstelle des KZ Buchenwald bei Weimar, arbeiteten sie im Berg als Arbeitssklaven. Heute ist Mittelbau-Dora ein viel besuchter europäischer Lern- und Gedächtnisort. Die Studienfahrt dorthin hatte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Hof-Wunsiedel organisiert, unterstützt vom DGB-Kreisverband Hof und von „Demokratie leben“.

60 000 Menschen aus fast allen Ländern Europas, vor allem aus der Sowjetunion, Polen und Frankreich, mussten hier zwischen 1943 und 1945 Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie der Nazis leisten Unter barbarischen Bedingungen arbeiteten sie unter Tage. Ab Januar 1945, als die sowjetische Armee unaufhaltsam gegen Westen vorrückte, wurden zusätzlich „Evakuierte“ auf Todesmärschen aus dem Vernichtungslager Auschwitz nach Nordhausen getrieben. Die Zahl der Toten war so hoch, dass zusätzlich zum Krematorium des KZ Scheiterhaufen errichtet wurden.

Das „Raketen-KZ“ war ab 1944 ein selbstständiges Lager mit seinerseits unzähligen Nebenlagern. Damals wurde die Raketenproduktion von Peenemünde in die vor den Luftangriffen der Alliierten geschützten Stollenanlagen des Kohnstein-Massivs verlagert. 1944/45 kamen der Ausbau unterirdischer Flugzeug- und Treibstoffwerke hinzu. Zu besichtigen ist diese unterirdische, technische Teufelswerkstatt zur Zeit nicht, aus Gründen des Infektionsschutzes.

Besonders hohe Priorität für Hitler hatte dieses Lager wegen der Produktion der „Vergeltungswaffen“ V-1 und V-2 – der „Wunderwaffe“, mit der die unaufhaltsame Niederlage abgewendet werden sollte. Die kam im KZ Mittelbau-Dora am 11. April 1945 mit dem Einmarsch der US-Truppen. Ein Film mit aufwühlenden Originalaufnahmen von der Befreiung des KZ beendete die Führung an der Gedenkstätte.

Die junge, sehr kenntnisreiche Führerin der Gruppe hatte zu Beginn Biografien von Überlebenden dieser Hölle gezeigt, deren Schicksale auch in einer aktuellen Sonderausstellung dokumentiert sind (online abrufbar unter www.buchenwald.de/949 ). Im Abschlussgespräch ging es dann um die Widerstandsgruppe innerhalb des Lagers, der auch der Hofer Hans Merker angehörte. An der Spitze dieser international zusammengesetzten Organisation stand der KPD-Reichstagsabgeordnete Albert Kuntz. Ziel war, die Produktion der „V-Waffen“ zu sabotieren, und gegenseitige Unterstützung und Rettung von möglichst vielen Mithäftlingen. Albert Kuntz wurde im Januar 1945 nach wochenlanger Folter zu Tode geprügelt. (Einzelheiten zu Albert Kuntz vgl. www.rosalux.de/fileadmin/ris_uploads/pdfs/171_Dieckmann.pdf)

Am Bahnhof von Roßla ( Südharz) informierte Randolph Oechslein über die Umstände der Ermordung des Hofer Widerstandskämpfers Hans Merker.

Am Bahnhof von Roßla (Südharz) informiert Randolph Oechslein über die Umstände der Ermordung des Hofer Widerstandskämpfers Hans Merker.

Als Merker am 5. Januar zum Verhör ins KZ Mittelbau-Dora transportiert werden sollte, sprang er aus dem Eisenbahnwaggon und rannte um sein Leben. Doch wurde er schließlich von SS gefasst und sofort erschossen. Die Versammelten gedachten des Ermordeten mit einer Schweigeminute.

Von den 9000 SS- und anderen Wachmannschaften wurden nach der Befreiung nur neunzehn vor Gericht gestellt. Der Dachauer „Dora-Prozess“ unter Führung der US-Armee endete mit vier Freisprüchen und 15 Schuldsprüchen, darunter ein Todesurteil. In einem späteren Prozess kamen alle Angeklagten bis auf einen mit geringen Haftstrafen davon oder wurden freigelassen. Die Mörder Hans Merkers wurden nie bestraft.

Fotos : Privat