Jahreshauptversammlung Hof/Wunsiedel

28. Oktober 2015

Jahreshauptversammlung der VVN-BdA Hof-Wunsiedel

„Sichtbare Fortschritte in Bezug auf die Erinnerungsarbeit“ registrierte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA ) Hof / Wunsiedel auf ihrer diesjährigen Jahreshauptversammlung. Viele der Anregungen und Forderungen, die die Hofer VVN-BdA in ihrem im Januar 2013 veröffentlichten „Blauen Flyer“ mit dem Titel „Hofer Widerstandskämpfer endlich ehren“ erhoben habe, seien inzwischen Realität geworden – von Straßen-, der Kasernen- und Platzumbenennungen bis hin zu einer Stolpersteinverlegung in Hof. Den Rechenschaftsbericht des Vorstands trug diesmal Thomas Etzel vor, in Vertretung der entschuldigten Vorsitzenden Nanne Wienands. Vor allem zwei Schwerpunkte standen im Mittelpunkt seines Rückblicks: Die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Ehrung der Hofer Widerstandskämpfer Hans Merker, Ewald Klein und Philipp Heller sowie die Kampagne des bayerischen Landesverbandes der VVN-BdA gegen ihre Diffamierung durch die Nennung im Verfassungsschutzbericht. Der 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus war in Hof verbunden mit einer gemeinsamen Gedenkfeier von VVN-BdA und DKP am 5. Januar 2015 anlässlich der 70. Jahrestags der Ermordung des kommunistischen Widerstandskämpfers Hans Merker. Für diesen hatte der Künstler Gunther Demnig im Sommer in der Hofer Döbereiner-Straße einen Stolperstein verlegt – die erste Aktion dieser Art überhaupt in Hof. „Nun gilt es, auch die beiden Mitkämpfer in ähnlicher Weise zu ehren,“ forderte Thomas Etzel. In einer für 2016 projektierten Neuauflage des „Blauen Flyers“ der VVN soll es vorrangig um den weithin vernachlässigten Widerstand von Frauen gehen. „Weder Hofer Schulen noch Plätze oder Straßen tragen bislang den Namen einer Widerstandskämpferin“, kritisierte VVN-Vorstandsmitglied Eva Petermann. Zu diesem Thema verspricht man sich auch Impulse von dem Konzert mit der legendären Auschwitz-Überlebenden und Sängerin Esther Bejerano und der Band „Microphone Mafia“. Dieses Konzert veranstaltet die VVN zusammen mit dem Bündnis „Hof ist bunt“ am 4. März 2016, passend zum Internationalen Frauentag. „Ein erfreulich breites Anti-Nazi-Bündnis hat sich in Hof, wie auch in Wunsiedel und Oberkotzau herausgebildet,“ stellte Thomas Etzel fest. Viele junge Leute engagierten sich. Regina Scholz berichtete von dem „Oberkotzauer Bündnis für Toleranz und Demokratie“.Dies sei umso bedeutsamer, als diverse rechtsradikale Organisationen sich bekanntlich zurzeit im Aufwind fühlten, so Thomas Etzel. Nicht zuletzt versuchten neue Parteien wie insbesondere „Der Dritte Weg“ für sich politisches Kapital aus der Flüchtlingsproblematik zu schlagen. In der Diskussion betonte Randolph Oechslein den Zusammenhang von Flucht und Kriegsursachen, von deutschen Waffenexporten und Maximalprofiten der Rüstungsindustrie auch in Bayern. Wie schon im letzten Jahr nahmen Erna Walther und Peter Giersich von der VVN-BdA im benachbarten sächsischen Vogtland als Gäste teil. Peter Giersich, Landessprecher der VVN-BdA Sachsen, berichtete u.a. von den Demonstrationen auf dem Plauener Altmarkt. Weithin ortsbekannte Nazis versuchten „für jeden etwas“ in ihre Forderungen aufzunehmen, wie z.B. die Massenproteste gegen TTIP und Ceta. Ganz offen knüpften sie an die NS-Ideologie an, so mit dem einstigen Nazi-Slogan von 1936 „Denn du bist Deutschland!“ Das Aktionsbündnis „Vogtland nazifrei!“, in dem Peter Giersich aktiv ist, hält dagegen. Auch die VVN-BdA, die sich als älteste deutsche Organisation von Widerstandskämpfern und Verfolgten der Nazi-Diktatur seit 1945 gegen alte und neue Nazis engagiert, wird diskriminiert. Im bayrischen Verfassungsschutzbericht ist sie als „extremistisch“ aufgeführt und ihre Gemeinnützigkeit in Frage gestellt. Dagegen geht der VVN-BdA Landesvorstand gerichtlich vor. Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter, langjähriges Mitglied der VVN-BdA, hat eine Online-Kampagne „Für eine offene, demokratische Gesellschaft! Gegen die Diffamierung der VVN-BdA!“ ins Leben gerufen: www. solidaritaet-vvn.de. Thomas Etzel appellierte an Mitglieder und Bündnispartner, diese Kampagne mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.

Im Anschluss an die Versammlung wurde der Dokumentarfilm „Ein Lied für Argyris“ – quasi der Beitrag der Hofer VVN-BdA zu den beginnenden Hofer Filmtagen gezeigt. Darin ging es um ein sehr aktuelle Themen: Um Krieg und Widerstand, um Flucht, Exil und Wiedergutmachung, um Verbrechen und Sühne. Ausgehend von den Erlebnissen eines der wenigen Überlebenden des SS-Masssakers in Distomo zeigt der Regisseur Stefan Haupt die über Jahrzehnte nahezu konstante Weigerung Nachkriegs-Deutschlands, sich glaubhaft der deutschen Schuld und daraus resultierenden Verantwortung zu stellen.