Stolperstein in Hof

18. August 2015

Stellungnahme Holperige Stolperstein-Verlegung für kommunistischen Widerstandskämpfer – gibt es immer noch Berührungsängste?

Am vergangenen Donnerstag – 30. Juli 2015 – wurde in Hof der erste „Stolperstein“ verlegt. Schülerinnen und Schüler des Hofer Jean-Paul-Gymnasiums und ihre Lehrkräfte haben zusammen mit ihrem Schulleiter, Dr. Markus Köhler, im Rahmen der Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Stolperstein-Verlegung auf den Weg gebracht. Mit organisatorischer Unterstützung des Hofer Kulturamtes wie auch der SPD-Stadtratsfraktion wurde am vorletzten Schultag der erste Stolperstein in Hof verlegt – in der Döbereinerstr. 12, wo der kommunistische Widerstandskämpfer Hans Merker und seine Frau Anna Merker wohnten. Vertreter der Gewerkschaften wie auch des Bündnisses „Hof ist bunt“ sowie der VVN-BdA Hof-Wunsiedel und der DKP nahmen ebenso teil wie eine Reihe lokaler Mandatsträger. Leider kam bei der Verlegung des Stolpersteins der Künstler selbst, Gunter Demnig aus Köln, nicht zu Wort. Auch die Biografie des 1945 von der SS erschossenen Hans Merker wurde nur knapp behandelt.

Deshalb ist es der Hofer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) wichtig, bestimmte Fakten zu dem denkwürdigen Ereignis nachzureichen.

„Stolpersteine“ – so nennt der Bildhauer Gunter Demnig seine kubischen Mahnmale mit gravierter Messingplatte, die mittlerweile europaweit an die Opfer der NS-Diktatur erinnern. Diese Platten werden dort in den Boden eingelassen, wo die auf den Stolpersteinen benannten Menschen zuletzt gewohnt haben, bevor sie von den Nazis verschleppt, vertrieben oder ermordet wurden. Jeden einzelnen Buchstaben prägt der Künstler eigenhändig in das Material. 1995 wurden in Köln die ersten Steine gesetzt, wenig später in Berlin. Die damals noch ohne behördliche Genehmigung durchgeführten Aktionen wurden bald über Deutschland hinaus als Kunst- und Erinnerungsprojekt bekannt. Zu der Kontroverse um die Verlegung der Stolpersteine wie zur Zeit wieder in München sagt der Künstler: „Die Steine dürfen betreten werden. So bleibt die Oberfläche blank. Und damit das Andenken.“ Die Gefahr eines würdelosen „darauf Herumtrampelns“ kann er nicht erkennen. Durch die Namensnennung und die biografischen Details erhalte der Mensch ein Stück seiner Identität zurück. Immer wieder könne man beobachten, dass Passanten sich bücken, um den Stein lesen zu können – für den Spurenleger ist das „eine Verbeugung vor den Opfern“.

In Hof ist der erste Stolperstein dem Kommunisten Hans Merker gewidmet. Der geborene Hofer und Bauarbeiter war der Kopf der illegalen Widerstandsorganisation der KPD in seiner Heimatstadt. Im August 1933 wurde der populäre Versammlungsredner das erste Mal verhaftet, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ für 15 Monate ins Bayreuther Zuchthaus St. Georgen gesperrt und nach Verbüßung der Strafe für ein weiteres Jahr ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Nach seiner Freilassung nahm er sofort die Arbeit im Untergrund wieder auf. Am 1. September 1939 wurde er erneut in „Schutzhaft“ genommen und in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. 1944 kam er ins berüchtigte Außenlager Dora. Er gehörte dort zur geheimen Widerstandsgruppe der kommunistischen Häftlinge, die ab dem Herbst 1944 ins Visier der Nazis geriet. Am 5. Januar 1945 wurde Hans Merker im Außenlager Rossla im Harz „auf der Flucht“ erschossen. Zwölf Jahre lang hat er seine Kräfte eingesetzt gegen ein verbrecherisches Regime. Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner würdigte denn auch in seinem Redebeitrag den Mut Hans Merkers. Bekanntlich war dies nicht die erste offizielle Ehrung für Hans Merker in Hof. Bereits 1946 wurde eine Straße nach ihm benannt. Im Zuge des Kalten Krieges machte die damalige Stadtratsmehrheit die Widmung rückgängig. Ähnliches geschah Hans Merkers Mitkämpfern, den Hofer Kommunisten Ewald Klein und Philipp Heller, die ebenfalls von den Nazis ermordet worden waren. Mit der Namensgebung einer Brücke für Ewald Klein und einer Sportanlage für Philipp Heller ehrte sie der Hofer Stadtrat 1947. Doch auch diese Ehrungen wurden in den 1950er Jahren wieder rückgängig gemacht.

Die VVN-BdA Hof-Wunsiedel würde sich auch für die Widerstandskämpfer Klein und Heller eine angemessene Würdigung wünschen. „Die Berührungsängste, die bei der Stolpersteinverlegung in Hof gegen den Begriff „Kommunist“ zu spüren waren,“ erklärt Nanne Wienands, Vorsitzende der VVN-BdA, „bringen ja letztlich nur ans Tageslicht, dass hier immer noch viel Bewältigungsarbeit zu leisten ist. Waren doch die Kommunisten und Gewerkschafter die ersten Nazigegner, die in die Konzentrationslager der Nazis verschleppt oder vielerorts gleich erschossen wurden.“

Der Künstler Gunter Demnig selbst legt größten Wert auf die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen wie auch mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten. Ganz abgesehen davon: Ohne die umfangreiche Geschichtsdokumentation des früheren KPD-Stadtrates Rudolf Macht in seiner „Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung“ wäre es schwierig, überhaupt an Daten, Fakten und Zusammenhänge zu kommen. Dann gäbe es nicht diese Art der Aufarbeitung der NS-Diktatur und keine Forschungen über den antifaschistischen Widerstand in Hof.